Brustkrebs-Tattoo

Hier möchten wir Euch mit ein paar Erfahrungsberichten einen kleinen Einblick geben, warum uns das Thema Brustkrebstattoos so wichtig ist.
Zwacki und Bettina waren so lieb, Euch an ihren Erfahrungen teilhaben zu lassen. Den Anfang macht Zwacki 🙂

Ein neuer Start – ZWACKI

Die Diagnose Brustkrebs kam für mich aus dem Nichts.
Gerade hatte ich meine Scheidung verarbeitet, wollte ganz neu starten, da kommt der nächste Mist.
Es waren sehr anstrenge Monate mit OP, Chemotherapie und Bestrahlung.
Die Aufarbeitung war und ist aber viel anstrengender…

Fotos: Franziska Günther Fotografie (Berlin)

… so viele Selbstzweifel, schräge Gedanken und jeden Tag wurde ich durch die vielen unschönen Narben daran erinnert, wie nah ich am Tod gewesen bin.
Bis meine beste Freundin den Kontakt zu Nicole hergestellt hat. Sie hat mir im Rahmen des Brustkrebstattootages meine Narben bunt machen wollen. Ich werde diesen Tag nie vergessen, hat er mein Leben komplett verändert und aus etwas für meine Augen Hässlichen etwas Wunderschönes gemacht, auf das ich jetzt sehr stolz bin und mir so viel mehr Selbstsicherheit gegeben hat.
Nach wie vor pilgere ich jedes Jahr nach Lübeck, um ein neues Stück bunt machen zu lassen und es ist jedes Mal wie ein Befreiungsschlag.
Ich bin Nic unendlich dankbar dafür!!!


Mein langer Weg zur Brust – BETTINA

Es gibt Tage im Leben. Tage, die alles ändern. So ein Tag war für mich der 08. August 2011.
Der Tag, der sich in mein Gedächtnis eingebrannt hat. Der Tag, der das „AUS“ meiner rechten Brust bedeuten sollte. Der Tag meiner Brustkrebsdiagnose, die mich mit 33 Jahren traf. Und dennoch waren meine ersten Gedanken: „Zum Glück ich, und nicht meine Kinder.“
3 Tage später war die Brust ab. Zeit zum Trauern blieb mir nicht. Die Therapien forderten meine gesamte Aufmerksamkeit: Es folgten Chemo-, Antikörper-, Strahlen- und Antihormontherapie. An ein Leben mit Prothese musste ich mich erst gewöhnen.
Ich erinnere mich an eine Situation im Schwimmbad, wo mein 4-jähriger Sohn mir die Träger meines Badeanzuges hinten auf dem Rücken zumachte, damit die Prothese hielt. Er war stolz, wie Oskar, weil er es geschafft hatte. Ich hätte heulen können.

Als ich mich im Oktober 2012 dem Plastischen Chirurgen vorstellte, winkte er ab. Die Haut war von der Bestrahlung noch zu sehr geschädigt. Als ich mit hängenden Ohren die Praxis verließ, dämmerte es mir langsam, dass das Projekt Brustaufbau mir so einiges abverlangen würde.
Das es 9 Jahre und 7 OPs dauern würde, damit hätte ich nicht einmal in meinen Träumen gerechnet.
Und dass die vielen OPs Narben hinterlassen würden, das war mir irgendwie auch nicht klar. Ich war mit der Einstellung rangegangen, eine OP und die Brust ist wieder da. Und zwar genauso, wie früher. Nein, sogar besser. Juhu!

Im Januar 2013 bekam ich den Expander eingesetzt. Ich wachte mit einem Hügelchen auf, wo eigentlich meine perfekte Brust hätte sitzen sollen. Meine Erfahrungen in den nächsten Monaten waren, dass sich zusätzliche Haut hart erarbeitet werden will. Alle paar Wochen wurde der Expander über ein Ventil mit Kochsalzlösung gefüllt. „Aua!“
Im Oktober 2013 wurde der Expander durch ein Implantat ersetzt. Eigentlich stand ich für einen Aufbau mit Eigengewebe (DIEP) auf den OP-Plan. Als der Arzt mich einer Frau vorstellte, die so einen DIEP bekommen hatte und sie mir ihr Resultat präsentierte, winkte ich ab. „Niemals“ wollte ich so aussehen, als ob der Zauberer mich auf der Bühne in der Mitte durchgesägt hätte. Aber auch das habe ich gelernt. Man sollte nie, nie sagen. Und schlimmer geht immer.
Es wurden noch 2x Eigenfettzellen (Lipofillings) in die aufgebaute Brust gespritzt. Erstens, um mir das Tragen des Implantates zu erleichtern und zweitens, um irgendwie doch noch eine Symmetrie zur anderen Seite herzustellen. Von der war ich trotz Anpassung meilenweit entfernt. Glücklich war ich mit dem Aufbau nie. Ich fand mich damit ab. Was hätte ich auch sonst tun sollen. Das Implantat zu tragen war unangenehm. Es war hart und kalt. Bowlingkugel lässt grüßen. Die Spannung im Oberkörper war unerträglich. Ständig blockierten mir die Rippen. Ich ging wöchentlich zur Krankengymnastik. Meine Physiotherapeutin tat ihr Bestes. Die Optik fand ich nur doof und peinlich.

Nach 6 Jahren war ich wieder beim plastischen Chirurgen. Das Implantat musste raus. Die Diagnose: Kapselfibrose, 4. Schweregrad nach Baker.
Wie ich im Nachhinein erfuhr, hätte die Brust, wegen der Bestrahlung, nie mit einem Implantat aufgebaut werden dürfen.
Hinterher ist man immer schlauer. Und hätte, hätte Fahrradkette, kann mich mal.
Nun gab es nur noch einen Weg zur perfekten Brust. Mein DIEP fand im Dezember 2019 statt. 3 Tage später wurde nochmal nachoperiert. Ich bekam zu Weihnachten eine neue Brust geschenkt. Warm, weich, aber sehr übersichtlich und ziemlich kompakt. Es war nicht genug Eigengewebe am Bauch dagewesen. Und da auch Haut fehlte, wurde mir Haut vom Bauch an der neuen Brust eingesetzt.
Ich bin mir sicher, der Arzt tat sein Bestes. Er hat mir eine neue Brust gebaut und ich bin ihm sehr dankbar dafür. Es wundert mich immer noch, was die moderne Medizin so alles kann. Aber ehrlich gesagt, war der erste Blick in den Spiegel ein Schock. Nun hatte der Zauberer mich nicht nur durchgesägt, sondern war ich danach auch noch Frankenstein in die Hände gefallen.
Im Dezember 2020 wurde die andere Seite nochmal angepasst und die aufgebaute Seite mit Eigenfettzellen aufgepolstert.
Resultat: Symmetrie: FAST. Die Narben: GRUSELIG.
Eine weitere OP ist für mich ausgeschlossen. Ich habe genug. Genug von Ärzten und Krankenhäusern, Kompression-BHs und -Hosen, Bauchgurten, Drainageflaschen und Spritzen gegen Thrombosen.

Es gibt Tage im Leben. Tage, die alles ändern. So ein Tag war für mich der 16. September 2021. Da saß ich bei Nicole auf dem Stuhl. Es war die zweite Sitzung. Und das Resultat? Mir fehlen immer noch die Worte. Nie hätte ich gedacht, dass ein Tattoo alles ändern kann. Auf meiner Brust wachsen jetzt Blumen. Wunderschöne Blumen. Kirschblüten. Dort ist jetzt immer Frühling. Sie decken alles zu. Von den verhassten Narben keine Spur mehr. Von der implantierten Haut keine Spur mehr. Nicole hat die Blätter und Blumen so großartig platziert, dass man die Beulen auch nicht mehr sieht. Der Größenunterschied fällt nicht mehr auf. Nach 10 Jahren fühle ich mich wieder hergestellt. Rundum wohl in meiner Haut. Wenn ich jetzt aus der Dusche komme, ist mein erster Gedanke, wenn ich in den Spiegel gucke: „Das sieht so hübsch aus.“ Jetzt sehe ich wie eine ganz normale Frau aus, die Tattoos cool findet und nicht mehr wie eine Brustkrebspatientin.
Unter dem Tattoo steht ein Schriftzug: Eine Bibelstelle. Sie soll mich daran erinnern, keine Angst zu haben.
Rückblickend war die Zeit hart. Das Tal des Jammers war manchmal riesig groß. Aber jeder Schritt hat mich hierhergeführt. Heute bin ich gesund und sehr dankbar. Und ich liebe meine neue Brust.